Verwaltungsgericht: Bundespolizei hat illegal meinen Ausweis kopiert

Bei meiner durch ein Crowdfunding finanzierten Feststellungsklage gegen die Bundespolizei vor dem Verwaltungsgericht Dresden (VG Dresden, Az. 6 K 1387/20) hat dieses aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 14. 2. 2024 entschieden:

Es wird festgestellt, dass die Anfertigung einer Fotokopie des Bundespersonalausweises des Klägers in der Bundespolizeiinspektion Dresden, Revier Hauptbahnhof am 27.11.2019 rechtswidrig gewesen ist. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Von den Kosten des Verfahrens trägt der Kläger 80 Prozent und die Beklagte 20 Prozent. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Das ausformulierte Urteil soll in voraussichtlich zwei Wochen vorliegen.

Update vom 12.03.2024:

Mir liegt nun das Urteil des VG Dresden vor. Jetzt ist es amtlich, dass das Kopieren meines Ausweises durch die Bundespolizeidirektion Pirna „rechtswidrig“ war und meine Rechte „verletzt“ hat. Weiter heißt es im Urteil zu der Aktion des Wachleiters: Die Bundespolizei habe ihr Auswahlermessen nach § 23 Bundespolizeigesetz „fehlerhaft ausgeübt“. In der Maßnahme liege eine „Ermessensüberschreitung“, weil die Maßnahme gegen § 20 Abs. 2 Satz 1 Personalausweisgesetz „verstößt“.
Das Anhalten und Mitnehmen auf die Wache hält das VG Dresden hingegen für „formell rechtmäßig“, weil es im Einklang mit dem Erlass des BMI zur Anwendung von § 23 Abs. 1 Nr. 3 Bundespolizeigesetz als Maßnahme getroffen worden sei. Die Bundespolizei dürfe im 30-Kilometer-Radius zur Bundesgrenze schleierfahnden: „Der 30-Kilometer-Radius verläuft durch das Bahnhofsgelände und reicht in etwa bis zu dem Beginn des Bürogebäudes ‚Prager Spitze‘. Der Bereich, in dem der Kläger angetroffen wurde, liegt noch innerhalb dieses Radius“, so das Urteil.

Update vom 18.06.2024:

Gegen das Kopieren meines Personalausweises durch die Bundespolizei habe ich seinerzeit Beschwerde bei Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) erhoben. Dieser stufte die Maßnahme der Bundespolizei als „rechtmäßig“ ein. Auf meine Beschwerde hin hat der BfDI jetzt seinen Bescheid „zurückgenommen“, weil dieser „teilweise rechtswidrig“ war.
Der Bundesdatenschutzbeauftragte, seit 2019 der SPD-Politiker Ulrich Kelber (siehe zu Kelber auch meine SPIEGEL-Veröffentlichung „Der Bundeslurch“), habe „verkannt“, dass die Bundespolizei meinen Personalausweis nicht ohne Zustimmung kopieren durfte. Dass die Bundespolizei meinen Ausweis kopiert hat, nannte der BfDI damals unter anderem eine „Zeitersparnis“ – nun einen „Datenschutzverstoß“, eine „datenschutzrechtswidrige Verarbeitung“ und einen Verstoß gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung.
Der BfDI hat die Bundespolizei gebeten, „auf eine erneute Sensibilisierung“ der Mitarbeitenden hinzuwirken. Von einer Beanstandung sieht er jedoch im Rahmen von „Ermessen“ ab. Grund: Die Bundespolizei habe sich „kooperativ“ gezeigt, die Sensibilisierung „bereits zugesagt“. Außerdem sei es ein „besonders gelagerter Einzelfall“. Kelbers Behörde glaubt aber auch in ihrem korrigierten Bescheid, dass das Kopieren „in vermeintlich guter Absicht“ geschehen sei.